Apologie der öffentlichen Schule

 

 

Ich will ohne Umschweife und deutlich zur Sache kommen: Fassen Sie dieses Heft nicht als Werbeschrift für private Schulen in Südtirol auf!

 

Ich bin der Meinung, dass der Staat und unsere autonome Provinz gut daran tun, die öffentliche Schule mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern. Die italienische Verfassung will gleiche Bildungschancen für alle, Qualität überall. Wir sind verpflichtet, diesem gesellschaftlichen Auftrag zu folgen. Des Weiteren bin ich der Meinung, dass eine Bevorzugung der privaten Schulen auf längere Sicht soziale Ungleichheit kreiert. Ich kenne das amerikanische Bildungssystem sehr gut. Es zeigt uns, dass die Begünstigung von privaten Schulen zu internationalen Spitzenleistungen führt, aber auch zu einer sich immer weiter öffnenden Schere zwischen sozial Benachteiligten (die es wohl immer geben wird) und Privilegierten (auch die sterben nicht aus). Die PISA-Tests der letzten Jahre haben immer eines gezeigt: In Südtirol gibt es keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der sozialen Herkunft und dem schulischen Erfolg. Darauf können wir stolz sein und das müssen wir verteidigen. Länder mit starken Vorrechten für Privatschulen, etwa Großbritannien, stehen hier nicht so gut da.

 

In den Reform- oder vielmehr Kürzungsversuchen der Regierung Berlusconi sehe ich in erster Linie den schlecht kaschierten Versuch, die öffentliche Schule auszuhöhlen und über die Hintertüre Privaten Zugang zum lukrativen Bildungsmarkt zu verschaffen. Ganz offen erklärte Berlusconi etwa am 6. November, er wolle „Kürzungen für katholische Privatschulen vermeiden.“ Fast im gleichen Atemzug werden 87.000 Stellen an den staatlichen Schulen gestrichen.

 

Das soll nicht heißen, dass alternative Modelle zu verwerfen sind. Im Gegenteil. Sie müssen Beachtung finden und können die öffentliche Schule bereichern. So hat das Montessori-Modell bereits an mehreren Grund- und Mittelschulen Eingang gefunden – vorgemacht haben es uns private Schulen. Sie haben ihren wichtigen Platz in der Schullandschaft. Die Aufgabe der öffentlichen Schule können sie aber nicht übernehmen – dafür müssen wir sorgen, indem wir die Qualität nicht nur sichern, sondern auch weiterentwicklen. Und da dienen uns private Schulen zuweilen als Vorreiter.

 

 

Johannes Kofler, Chefredakteur

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