Kommunikation und Selbstwert

Kommunikationsformen und ihre Botschaften für das Selbstwertgefühl des Kindes

Kommunikation ist ein Feld, das für den Eltern-Kind-Bezug große Herausforderungen bereithält: Eltern fungieren dabei als Architekten ihres Familiensystems, innerhalb dessen sie ihre je eigene Familien-atmosphäre kreieren und in dem verschiedene Kräfte wirksam sind.

von Monika Jäckle und Rotraut Schreiber

 

Livia schenkt ihrer Mutter ein selbst gemaltes Bild. Die Mutter reagiert mit dem Satz: „Oh, das hast du für mich gemalt?“ Dabei drücken sowohl ihre Stimme als auch ihr Lächeln aus: „Wie nett von dir, dass du mir ein Bild gemalt hast“. Eine alltägliche Situation. Und eine Situation, die das Selbstwertgefühl eines Kindes stärken oder auch schwächen kann. Denn ebenso könnte die Mutter auch antworten: „Schön. Du hast mir aber nicht den Tisch voll gemalt, oder?!“ Ein Kind, das eine solche Reaktion erlebt, fühlt sich in diesem Moment wertlos, da nicht wertgeschätzt.

 

Eltern als kommunikative Architekten

Virginia Satir, die „Mutter“ der systemischen Familientherapie, richtet ihren Blick auf die kommunikativen Fähigkeiten und Ressourcen innerhalb des Systems „Familie“, darauf, wie verborgene Strukturen den Selbstwert beeinflussen.

Der Selbstwert ist nach Satir der Schlüssel von Kommunikationsmustern, die das Beziehungsgeflecht von Eltern und Kindern gestalten. Kinder erlernen und erfahren ihren Selbstwert im Spiegel der gelebten Kommunikation mit ihren Bezugspersonen.

Kongruente Kommunikation

Nach Virginia Satir existieren vier Kommunikationsformen als unbewusste Handlungsstrategien, die eingesetzt werden, wenn das Selbstwertgefühl einer Person in der Interaktion bedroht ist. Diese Formen leiten als doppelseitige Botschaften den Kommunikationsprozess an und schaffen eine angespannte, angstvolle Atmosphäre.

Die Art und Weise, wie Beziehungen geknüpft und gestaltet werden, hängt also davon ab, ob Beziehungen kongruent verlaufen oder nicht. Kongruenz meint hier, dass alle Aspekte einer Botschaft inhaltlich dasselbe ausdrücken, d. h. Worte, Mimik, Gestik, Ton, Körperhaltung stimmen überein. Kongruent kommunizieren bedeutet, sich seiner selbst und des Kontextes bewusst zu sein und anderen die volle Aufmerksamkeit zu schenken, sich der Botschaften des eigenen Körpers genauso bewusst zu sein wie der eigenen Abwehrmechanismen und Familienregeln (Satir 1995, S. 95).

Verlaufen Kommunikationsprozesse unklar und damit nicht kongruent in Gestalt von Doppelbotschaften, dann ist dies ein Zeichen für verborgene Verstrickungen im Familiensystem. Diese entfalten wiederum ihre subtile Wirkung auf den Selbstwert.

Je höher dagegen ein Mensch seinen eigenen Wert einschätzt, desto weniger fordert er ihn von anderen. Die eigene Wertschätzung bildet somit das Fundament, kongruent zu kommunizieren und befähigt gleich-zeitig dazu, Beziehungen verantwortungsvoll, kreativ und integer gestalten zu können. Eltern beeinflussen durch die Art ihrer Kommunikation, wie ihr Kind sich selbst wertschätzen lernt. Daher ist es von zentraler Bedeutung, mit Kindern äußerst achtsam zu kommunizieren.

 

 

 

 

Monika Jäckle ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Universität Augsburg und Lehrbeauftragte an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen

 

 

 

Rotraut Schreiber ist Schulpsychologin und Schulberaterin und arbeitete als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen in Bonn und München

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