V.A.S.
„…das allerschönste Stück davon ist doch die Heimat mein!“… Oh, sind wir schon auf der letzten Seite? Was haben wir diesmal? Aha, Geografie!
Immer wenn ich an Geografie denke, habe ich zuerst das Bild jener Schülerin vor Augen, die ich einst bei der mündlichen Abschlussprüfung der Mittelschule aufgefordert habe, mir auf der Weltkarte die Antarktis zu zeigen. Sie hat bei Grönland angefangen zu suchen.
Das beweist, dass es nichts schadet, Länder und Hauptstädte und ihre Position auf der Weltkugel durchzunehmen. Aber mit den Geografie-Kenntnissen unserer Schülerinnen und Schüler ist es meist eh nicht so weit her, auch nicht, was Südtirol betrifft. Das ist eigentlich schade, denn zumindest seine Heimat sollte man schon kennen. O.K., nicht jedes Vinschger oder Pusterer Grundschulkind muss wissen, wo Giessmann ist (Anm. d. Red.: kleiner Weiler unterhalb des Rittner Horns; „für gehgewohnte Wanderer leicht und problemlos“, würde Hanspaul Menara sagen), aber sich ein bisschen auskennen, das wäre schon wünschenswert. Sonst könnte es ihnen wie dem einen Herrn geben, der am Zugbahnhof ein Ticket nach „Reggio“ verlangt und auf die Frage, ob er Reggio Emiglia oder Reggio Calabria meine, antwortet, das sei egal, weil er ja sowieso am Bahnhof abgeholt wird.
Wenn man es versteht, den Kindern die Geografie schmackhaft zu machen, dann werden sie auch mehr Begeisterung zeigen, selbst wenn es „nur“ um Südtirol geht, denn „wer die Heimatberge nicht liebt, kann auch fremde Täler nicht lieben“, lautet ein Sprichwort aus Kaukasien. Man könnte Geografie auch als eine Art „Gratis-Weltreise“ betrachten. Wo denn sonst sehen die Schüler so viel von der Welt zum Nulltarif? Und seien wir mal ehrlich: ein großer Prozentsatz kommt sein ganzes Leben nicht aus Südtirol raus, höchstens mal zum Einkaufen ins DEZ nach Innsbruck oder an die Adria. Da bietet doch das Fach Geografie die einmalige Gelegenheit, die Welt kennen zu lernen, ohne dafür das Konto zu belasten. Lasst die Schülerinnen und Schüler auf Reisen gehen – zumindest während Geografie, denn wie schon der römische Philosoph Aurelius Augustus gesagt hat: „Die Welt ist wie ein Buch: wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.“
Aber Vorsicht: Die Schule könnte ernste Probleme bekommen, wenn die Reisebüros Wind davon kriegen! Sie werden Sturm laufen gegen die virtuellen Gratisreisen, die in der Schule angeboten werden. Sie werden Zeter und Mordio schreien, weil die Reiselust der Südtiroler dramatisch in den Keller sinkt, da die Kinder keinen Bock mehr haben, mit den Eltern in Urlaub zu fahren, da sie ja alles schon im Geografie-Unterricht gesehen haben.
Letztendlich wird das Fach Geografie per Richterbeschluss von den Stundenplänen gestrichen werden (und die Musik kriegt eine Stunde dazu!), um die Tourismusbranche wieder auf Vordermann zu bringen.
Aber warten wir's erst mal ab. Vielleicht kommt's ja doch nicht so krass. Man munkelt aber, dass den Oberschulen mit der neuesten Reform ernsthafte Gefahr droht.
Ihr pessimistischer Ehrenfried Schullerer |
Satire
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