Der Computer in meiner Lernbiografie

Mein Lernen und das Lernen mit Grundschülerinnen und -schülern

 

Einen tollen Ersatz für die gute alte Schreibmaschine hat man da erfunden, dachte ich mir vor ungefähr 15 Jahren. Computer spielen, im Internet surfen, was auch immer das bedeuten mochte, es klang interessant.

von Karin Dietl

Mit 14 Jahren lernte ich am Computer das Schreiben nach dem Zehnfingersystem kennen. Mit Stolz zeigte ich meinem Vater an seiner Schreibmaschine, was ich an einem Computer gelernt hatte. Außerdem präsentierte ich meine ausgedruckten Übungsblätter. Echt super, dachte ich.

In der Oberschule war unsere Klasse in den ersten vier Jahren im Fach Mathematik und Informatik nie im Computerraum. Der zuständige Professor war der Ansicht, dass wir den Umgang mit dem Computer selber lernen würden und nicht auf seine Lektionen angewiesen wären. In der Maturaklasse gingen wir endlich einmal in den Computerraum, es war im Religionsunterricht. Wir durften ein Simulationsspiel ausprobieren. Toll, mit dem Computer konnte man also nicht nur schreiben, sondern auch „spielen“.

Unbekanntes, wenig attraktives Medium

Dann begann meine Arbeit in der Schule. In meinem zweiten Unterrichtsjahr kaufte ich mir einen gebrauchten Computer, weil sehr viele einen hatte. Ich versuchte mich im Schreiben und im Gestalten von Texten für die Schule und für private Zwecke. Was mit Internet möglich und wozu dies im Lehrerberuf dienlich sein sollte, verstand ich zunächst nicht, und ich erkannte keinen Sinn darin, obwohl einige Bekannte davon überzeugt waren.

Ich las und hörte davon, wie wichtig es sei, den Kindern die neuen Medien näher zu bringen. Also besuchte ich einen Intel-Kurs für Einsteiger/innen. Endlich erkannte ich, dass der Computer nicht nur die Schreibmaschine ersetzt. Ich lernte im Internet zu recherchieren, Powerpoint-Präsentationen zu gestalten und den Umgang mit einigen anderen Programmen. Damit erschloss sich mir ein neues Spektrum an Möglichkeiten zur Nutzung des Computers für meine tägliche Arbeit. Die nächste Frage für mich war nun, was ich mit den Schülerinnen und Schülern damit machen könnte.

Schulen, an denen ich bisher unterrichtet hatte, wurden vom Pädagogischen Institut unter anderem auch im Bereich der digitalen Medien unterstützt. Da wollte ich mich kundig machen.

Erste Erfahrung mit einer Lernplattform

Ich meldete mich zum Lehrgang „Unterrichtsentwicklung auf reformpädagogischer Basis“ an. Kenn-zeichnend für den Lehrgang waren die Online-Phasen, in denen man auf „Scholion“, der Lernplattform des Pädagogischen Instituts, Inhalte selbstständig erarbeitet und mit anderen Teilnehmenden darüber diskutiert, wie neue Inhalte konstruiert werden. „eLearning“ war das Stichwort. Klingt recht interes-sant, dachte ich.

Es war eine wertvolle Erfahrung und ich bin sehr froh darüber, Erfahrungen mit dieser neuen Art von Lernen gemacht zu haben. Es war tatsächlich ein Dekonstruieren und Rekonstruieren von Wissen. Endlich erschlossen sich mir Möglichkeiten der Nutzung des PCs mit den Kindern. Ich erkannte, welches Potenzial ein Computer für den Unterricht darstellen kann.

Didaktische Ansprüche an Lernsoftware

Ich lernte verschiedene Software kennen, die nicht nur dazu dienen, Lückentexte auszufüllen, leere Kästchen mit Zahlen zu füllen, richtige Antworten anzuklicken oder Gehörtes wiederzugeben.

Ich interessierte mich vor allem für Programme, die einen kreativen Umgang erfordern. So müssen Kinder zum Beispiel beim Mal- und Animationsprogramm „Ani Paint“ ihre eigenen Ideen entwickeln und umsetzen. Beim „LEGO Digital Designer“ können die Kinder aus vorhandenen Bausteinen selbst Modelle am Computer entwerfen. Ich lernte gemeinsam mit den Kindern, wie interessant Excel im Bereich der Statistik ist. Bereits ab der dritten Klasse gelingt es Kindern, in einfachen Schritten damit umzugehen. Sie können Tabellen, die sie vorher in einem handelnden Ablauf erstellen, auf Excel übertragen, Diagramme erstellen und vergleichen. Sie verwenden den „Publisher“, um die Schulzeitung zu gestalten oder um kleine Zeitungen als Endprodukt ihres selbstständig erarbeiteten persönlichen Themas zu produzieren. Die Kinder erstellen mit Hilfe eines Computerprogramms ihre schriftlich angefertigten Mind Maps oder Concept Maps, um vorhandene Kenntnisse sichtbar zu machen. Sie bearbeiten Fotos und fügen sie in ihre Texte oder Unterlagen ein. Sie holen sich Informationen aus „Encarta Kids“ oder den vielen Internetportals, die speziell für Kinder entwickelt wurden .

Nutzung des Bildungsservers

Die Auseinandersetzung mit dem Bildungsserver „blikk“ hilft mir bei der Umsetzung des in den Rahmenrichtlinien geforderten Lernbereiches Kommunikations- und Informationstechnologie (KIT). Mit Arbeits- und Lernumgebungen auf „blikk“ lassen sich Kommunikation und Information im Netz kindgerecht realisieren. Ich nehme an Projekten teil, in denen die Kinder den Umgang mit dem Blog in Erfahrung bringen können. Sie kommunizieren im Netz und erfahren ein neues Lernen, das für uns Erwachsene häufig Neuland ist. Die Kinder stellen die von ihnen gelesenen Bücher im Leselabyrinth vor, erzählen von ihren Erfahrungen, die sie beim Bauen eines Roboters und beim Programmieren machen… Und sie berichten von ihren Konflikten im Blog für Friedensfähigkeit. Außerdem haben sich die Kinder daran gewöhnt, sich in verschiedensten Lernumgebungen wie z. B. bei „Mathe überall“ oder „Berufe früher – heute“ über wichtige Inhalte zu informieren. Gerne stellen sie ihre Ergebnisse aus den unterschiedlichsten Lernbereichen der Schule auch in einer „Galerie“ vor. So veröffentlichen sie zum Beispiel ihre Arbeitsergebnisse aus dem Sachbereich „Mein Heimatdorf“. Ich möchte auch noch betonen, dass der mobile Einsatz von Laptops beim Arbeiten in meiner Unterrichtsorganisation sehr wertvoll ist.

Reflektierter Umgang und neue Kompetenzen

Mein Weg von der Annahme, dass der Computer nur Schreibmaschinenersatz und eine tolle Erfindung für Spielfreaks ist, änderte sich schnell und grundlegend. Es geht in meinem Unterricht nicht nur um die Anwendung einiger Programme oder das kreative Gestalten von Texten, sondern auch um Kommunikation und Information im Umgang mit dem Computer, mit dem heute alle Kinder aufwachsen.

Es ist mir wichtig, bei den Schülerinnen und Schülern sowohl auf einen sorgsamen als auch auf einen fachgerechten Umgang mit dem Computer zu achten, den wir als Lehrpersonen in der Schule vorleben müssen.

Erfahrungen in der Praxis weisen den Weg; es gibt viel zu lernen, zu erproben, zu verändern, neu zu denken. Unser Lernen ist nicht auf Passivität oder Konsum ausgerichtet, es beinhaltet aktives Tun. Inzwischen weiß ich auch, dass der Einsatz des Computers, im Besonderen von eLearning, weit mehr eine Frage des Mutes ist als der Kompetenz.

 

Karin Dietl ist

Grundschullehrerin in Prad und absolviert ein berufsbegleitendes Studium an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen.

 

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