Lernen und lachen und entwicklungsfähig bleiben

 

Seit Kurzem sind sie veröffentlicht, die Ranglisten der Aufnahmeprüfungen 2010-11 an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen, die erstmals in einer neuen Form durchgeführt wurden. So überfliege auch ich die Liste des Laureatsstudiengangs „Bildungswissenschaften für den Primarbereich der Abteilung in deutscher Sprache“. 120 von 242 Bewerberinnen und Bewerbern sind heuer zum Studium zugelassen.

Interessant wäre wohl mehr darüber zu erfahren, wie die Auswahl getroffen wurde, welche Kriterien ausschlaggebend waren, welche Fragen gestellt wurden und welche Antworten die Einzelnen parat hatten. Oder in Erfahrung zu bringen, ob sich die Bewerberinnen und Bewerber bereits vorher selbst einige, vielleicht auch provokante Fragen zu stellen vermochten:

Warum will ich mich unbedingt in diesen Studiengang inskribieren?

Was motiviert mich, wovor habe ich Angst?

Inwieweit habe ich mich schon mit der angestrebten Laufbahn auseinandergesetzt?

Will ich besonders schnell vorankommen oder auch Schwierigkeiten konstruktiv meistern?

Wie viel oder wie wenig will ich in mein Studium investieren?

Wie sehr habe ich mich bisher mit den individuellen Prozessen des Lernens befasst?

Warum möchte ich ausgerechnet Kindern etwas beibringen?

Gibt es für mich nichts Besseres als die Arbeit in der Klasse?

Wie geht es mir, wenn ich mit Erwachsenen oder gar mit Vorgesetzten zu tun habe?

Wieso macht mich kritisches Feedback unleidlich oder nahezu hilflos?

Welche pädagogischen Grundkompetenzen habe ich konkret an mir beobachtet?

Welche Kompetenzen möchte ich mir darüber hinaus aneignen?

Welche Werte zählen für mich im Umgang mit anderen Menschen?

Wie nehme ich unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Vielfalt wahr?

Wie belastbar fühle ich mich? Und wie spontan und flexibel und… wie stark?

Wie stark, um Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken und ihnen auch Grenzen zu setzen?

Im Aufsatz „Der Lehrerberuf ist ein Persönlichkeitsberuf“ betont Walter Bircher, der Rektor der Päda-gogischen Hochschule Zürich, die Wirkung der Ausbildung auf die spätere Berufsausübung, besonders die Entwicklung der Fähigkeit sich selbst einzuschätzen, denn diese sei die Grundvoraussetzung dafür, dass sich Lehrpersonen im Berufsleben mit seinen vielen, stets wechselnden Herausforderungen organisieren, orientieren und weiterentwickeln könnten.

Mich spricht darin sowohl der Verweis auf das finnische Unterrichtsprinzip „Wir unterrichten Menschen, nicht Fächer“ als auch der Kommentar des Pädagogikprofessors Matti Meri zur Auswahl der Bewerber/

innen für das Lehramtsstudium in Helsinki an: „Wer alles zu wissen glaubt, weiß nichts von Erziehung. Wer die ganze Prüfung über nicht einmal lacht, den nehmen wir nicht. Wer zu viel redet, den nehmen wir nicht“ und „Wir brauchen niemanden, der wunderbar Flöte spielt, wir brauchen Menschen, die sich fragen: Wie erreiche ich, dass die Kinder gerne Flöte spielen?“

„Menschen sind auch entwicklungsfähig“, sagt Rektor Walter Lorenz im Interview unseres Chefredak-

teurs, und „Es gibt nicht eine alleinige, maßgebliche Persönlichkeitsstruktur. Fachkenntnisse, Lebens-erfahrung, eine starke Persönlichkeit und die Fähigkeit, aus Schwächen zu lernen, sind pädagogische Grundkompetenzen.“

Maria Vötter, Redakteurin

 
 

Maria Vötter (re im Bild),

mit Tochter und Freundin

 

frei heraus

gesagt