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                   Stand Dezember 2015

                             

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel“. 
(Johann Wolfgang von Goethe)

  Ich möchte einige Überlegungen mitteilen, die in meinen Augen von großer Bedeutung für das Zusammenleben mit den eigenen Kindern sind.
Ich erlaube mir das im Vertrauen darauf, Ihr Herz zu erreichen und Ihren Verstand anzusprechen. Ich bitte Sie über meine Beobachtungen nachzudenken und Ihre eigenen Schlüsse zu ziehen, Ihre eigenen Erziehungslinien immer wieder zu überdenken und immer wieder zu überprüfen.

 
Die Wahrheit sagen
Kinder müssen sich in der Welt orientieren lernen. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre wichtigsten Bezugspersonen ehrlich zu ihnen sind, dass deren Äußerungen wahr, verlässlich und von Bestand sind. Wenn Kindern mit leeren Drohungen, Bluffs, Zynismus, Ironie begegnet wird, kann sie dies zutiefst verunsichern. So wird ein momentaner Erziehungserfolg erzielt, dauerhaft aber jede Sicherheit, jedes Vertrauen, jede eigene Autorität aufs Spiel gesetzt, manchmal sogar verloren.

 
Nicht alles sagen
Kinder dürfen nicht mit allem, was vorfällt, völlig ungefiltert und schonungslos konfrontiert werden. Nicht jede Gefühlsregung, jede Auseinandersetzung, jeder Streit, jede Abwertung muss vor Kindern geäußert werden. Es gibt vieles, was Kinder emotional oder intellektuell überfordert. Daher ist abzuwägen und zu bedenken, was vor Kinderaugen getan und vor Kinderohren gesagt wird.

 
Freiheiten gewähren
Kinder müssen sich bewegen dürfen, sie müssen sich erproben dürfen, sie brauchen Freiraum und Freizeit. Das bedeutet, dass Kinder und Jugendliche auch unverplante, unstrukturierte Zeit brauchen, um sich zu entdecken, um sich zu langweilen, um sich selbst zu begegnen.

 
Erfahrungen ermöglichen, Fehler zulassen
Jedes Kind muss eigene Erfahrungen machen dürfen. Auch wenn Eltern durch ihre Lebenserfahrung wissen, wie etwas ausgeht, müssen es die Kinder in der Regel selbst erleben, um es tatsächlich zu wissen. Dies gilt insbesondere für körperliche Erfahrungen, für das Anstoßen und Hinfallen, für Schmerz, für den Umgang mit Wasser, Feuer, der Erdanziehungskraft, für den Umgang mit Ecken und Kanten.
Das Erleben von Fehlern und Enttäuschungen hilft Kindern bei ihrer Orientierung, hilft ihnen bei der realistischen Einschätzung ihrer Kräfte und ihres Könnens.

 
Grenzen zeigen, stimmig bleiben
So wie Kinder Freiräume, Freiheiten, selbst verwaltete und selbst gestaltete Bereiche brauchen, so sehr brauchen sie klare Grenzen. Sie fordern Verbote heraus, die sich zum Teil aus Notwendigkeit ergeben, auf jeden Fall aber für Kinder von großer Wichtigkeit sind. Grenzen geben den Kindern Halt, Orientierung, Struktur und Kontur. Kinder, die sich selbst immer durchsetzen, deren Launen und Bedürfnissen immer nachgegeben wird, sind auffallend willensschwach, wenn sie sich einer Aufgabe oder einer Herausforderung stellen müssen. Der Wille, der eine psychische Kraft ist, formt sich an den Widerständen, an den vielleicht wenigen, aber eindeutigen, immer gleichen Verboten der Erwachsenen. Er formt sich an den familiären, schulischen, gesellschaftlichen und gesetzlichen Regeln, die einzuhalten sind. Er muss wachsen und ausgebildet werden wie alle Fähigkeiten.

 
Verlässlich, verbindlich sein
Kinder müssen darauf zählen können, dass das, was angeblich gilt, auch tatsächlich gilt. Neben den Gefühlen, Emotionen und Befindlichkeiten, die schwankend und wandelbar sein mögen, braucht ein Kind viele verlässliche, dauerhafte Tatbestände, Sachverhalte, Regelungen, um sich orientieren zu können, um die nötige Sicherheit zu haben.


Vorbildwirkung kennen
Eltern und Lehrpersonen müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihr Beispiel immer als Muster dient, immer auch Modell ist. Wie immer sich die zentralen Figuren verhalten, ein Kind wird von seinen Bezugspersonen lernen. Gerade die Werte, die Haltungen, die Grundeinstellungen zum Leben, zur Welt, zu den anderen und zu sich selbst vermitteln wir unseren Kindern auf prägende Weise, und darüber sollten sich alle Erwachsenen im Klaren sein.

 
Verantwortung übernehmen und übernehmen lassen
Es gibt Fragen und Bereiche, die Eltern für ihr Kind entscheiden müssen, weil das Kind die Auswirkungen und die Folgen noch nicht abschätzen kann. (Wann ist es Zeit, zu Bett zu gehen, wann soll ein Arzt geholt werden, welche Schule soll gewählt werden, etc.)
Es gibt andererseits Bereiche, die ein Kind seinem Alter entsprechend sehr selbständig gestalten und handhaben kann. (Schultasche tragen, Schultasche packen, Kleidung wählen etc.) Dabei ist das Alter des Kindes zu bedenken, aber auch genau zu überprüfen, was das Kind tatsächlich zu leisten imstande ist. Verwöhnung und Überbehütung sind meiner Beobachtung zufolge genauso schädlich wie Überforderung und Verwahrlosung.

 
Bereiche, Zuständigkeiten klären
Es ist in meinen Augen sehr wichtig, dass Zuständigkeiten geklärt und respektiert werden. Dies gilt für alle Familienmitglieder, aber auch für die Lehrpersonen. Die einzelnen Menschen begegnen sich in der eigenen Rolle. Diese Rollen sind mit verschiedenen Aufgaben und Zuständigkeiten verbunden. Es ist meiner Überzeugung nach sehr hilfreich, wenn sich alle Beteiligten darüber im Klaren sind, wer was zu erledigen hat, wer welche Entscheidungen zu treffen hat, wer wofür die Verantwortung trägt. So sind Eltern für Ernährung, Kleidung, die Hygiene, die Organisation des Alltags, sowie für ausreichend Schlaf und Bewegung, für Kontakte und die „Kinderstube“ verantwortlich. Die Auswahl und die didaktische Aufbereitung von Lerninhalten und die Bewertung sind hingegen im Zuständigkeitsfeld der Lehrkräfte und dies sollte den Kindern auch so vermittelt werden.

 
Strukturen, Rituale, Fixpunkte schaffen
Damit eine Gemeinschaft gelingt, damit diese ein Gesicht, eine Form erhält, braucht sie Struktur, braucht sie Rituale, Feste und allen Mitgliedern bekannte Vorgangsweisen. Dies ist für jede Form der Gemeinschaft wichtig. Im Umgang mit Kindern kann es das Vorlesen vor dem Zubettgehen sein, das gemeinsame Mittagessen, eine ganz bestimmte Torte zu einem ganz bestimmten Anlass, der Besuch von …………. Es geht darum, dass Kinder und ihre Bezugspersonen an den eigenen Ritualen ihr Zusammensein erleben und ihr Zueinandergehören erfahren.

 
Wertschätzung zeigen
Es ist wichtig, Kindern mit Wertschätzung zu begegnen, einfach weil sie da sind, weil sie sind, wie sie sind. So erfahren Kinder, dass es gut ist, in dieser Welt und bei uns zu sein.

  Ich wünsche allen ein gelingendes Schuljahr 2013 – 2014

Die Schuldirektorin
Brigitte Öttl

  Meran, am 05. September 2013