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Das neue Verständnis von Lernen
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(Orientierung suchen - Ziele setzen - Schule gestalten, Seite 76ff )
 
Verändertes Anforderungen durch Berufswelt und Gesellschaft  

Heute wird Schule zunehmend mit der Tatsache konfrontiert, dass bloße Wissensvermittlung als Ziel nicht ausreicht, dass die Schule veränderten Bedingungen Rechnung tragen muss. So kommen Kinder und Jugendliche heute mit ganz bestimmten Voraussetzungen und Bedürfnissen in Kindergarten und Schule, die sich von denen früherer Generationen deutlich unterscheiden; die Eindrücke und Erfahrungen, die sie aus ihrer Lebensumwelt mitbringen, sind zahlreicher und vielfältiger, aber auch widersprüchlicher, als dies bisher jemals der Fall war.
Deutlich wird weiters, dass die Anforderungen, die Berufswelt und Gesellschaft an den Ausbildungsprozess stellen, andere geworden sind. Schule kann immer weniger das Rüstzeug für ein ganzes Berufsleben mitgeben, immer weniger auf eine spezifische Tätigkeit vorbereiten. Sie muss die Basis schaffen, auf der es möglich ist, erfolgreich weiterzulernen und sich spezifische Kenntnisse anzueignen. Nicht um direkte Verwendbarkeit von Wissen geht es, sondern um "Anschlussfähigkeit", d. h. um die Möglichkeit, neues mit vorhandenem Wissen zu verknüpfen.

     

Nutzung der Ergebnisse der Lernforschung

siehe auch:

ein konstruktivistischer lerntheoretischer Ansatz

  Diese Neuorientierung wird gestützt durch die Lernforschung, die in den letzten Jahrzehnten eine bedeutende Erweiterung erfahren hat. Wir wissen heute besser, wie Lernprozesse angelegt sein müssen, damit sie erfolgreich sind, wir wissen um die Bedingungen wirksamen und nachhaltigen Lernens.
Aus allen diesen Faktoren ergibt sich die Notwendigkeit eines neuen Verständnisses von Lernen und davon ausgehend einer Veränderung der Lernpraxis.
     
Wissensaufbau und Persönlichkeitsentwicklung   Der neue Lernbegriff ist in seinem grundsätzlichen Ansatz dadurch gekennzeichnet, dass Wissenserwerb und -aufbau und Persönlichkeitsentwicklung wieder deutlicher zueinander in Beziehung gesetzt werden. Das bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen fachlichem und überfachlichem Lernen angestrebt wird und die Entwicklung der eigenen Identität und der Respekt vor anderen erklärtermaßen zu wichtigen Zielen auch des Lernens in der Schule werden.
     
Offenheit des Wissens  

Für den Aufbau von Wissen gilt, dass die Schülerinnen und Schüler nicht mit abgeschlossenen "Stoffpaketen" konfrontiert werden, sondern dass die Inhalte in ihrer Unabgeschlossenheit, Offenheit und auch Widersprüchlichkeit gezeigt werden und sich so Möglichkeiten zu individueller Auswahl, Bearbeitung und Erweiterung ergeben.

     
Vollständige Lernprozesse   Angestrebt werden vollständige Lernprozesse. Das bedeutet, dass innerhalb eines Lernbereichs Absichten und Ziele bestimmt, Aufgabenfelder und Problemstellungen klar umrissen, zielorientierte Bearbeitungswege aufgezeigt und gefördert werden und auch Verfahren zur Überprüfung von Lösungen angeboten werden. Das neue Konzept von Lernen ist darauf angelegt, dass Schülerinnen und Schüler ihre Lernwege selbst planen können, Lernprozesse reflektieren und dass der Selbsttätigkeit großes Gewicht beigemessen wird. All dies wird in der jetzigen Praxis oft durch vermeintlichen Zeit- und Stoffdruck oder einen zu engen Leistungsbegriff verhindert.
     
Individuelle Lernzeit und Lernbiographie   Ein neues Verständnis von Lernen zeichnet sich dadurch aus, dass die Fähigkeit zu lernen genügend gefördert und vor allem individuelle Lernzeit akzeptiert wird. Es gilt, darauf zu achten, dass beim Aufbau der individuellen Lernbiographie kontraproduktive Entwicklungen und Brüche, wie sie manchmal bei Übergängen von einer Schulstufe zur anderen geschehen, vermieden werden, dass der Einzelne individuelle Lernwege suchen kann, ihm die nötige Lernzeit zur Verfügung steht und differenzierte Angebote bereitgestellt werden.
     
Lernfreude   Lernfreude entwickelt sich durch die Erfahrung von Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit, durch das Zulassen und Fördern von Interessens- und Leistungsschwerpunkten.
     
Soziales Lernen   Der neue Lernbegriff ist auch dadurch gekennzeichnet, dass soziales Lernen ermöglicht und bewusst gemacht wird, dass die Schülerinnen und Schüler zu Gemeinschaftsfähigkeit erzogen werden. Das bedeutet, dass zusammen leben und zusammen arbeiten als wesentliche Merkmale schulischen Arbeitens anerkannt werden, dass Erfahrungen demokratischen und sozialen Verhaltens den Lernprozess mitbestimmen, dass Leistung nicht nur als individuelle wahrgenommen wird.
     
Praxisbezug des Lernens   Schulisches Lernen sollte in einem neuen Verständnis nicht als Lernen "auf Vorrat", sondern als ein für das eigene Leben sinnvoller Prozess wahrgenommen und erlebt werden. Das kann erreicht werden, indem ein verstärkter Praxisbezug angestrebt und das gesellschaftliche Umfeld der Lernenden bewusst einbezogen wird. Auf diese Weise werden Sinnhaftigkeit und Anwendungsbereiche des Gelernten stärker erfahrbar, der Handlungsbezug wird unmittelbar deutlich. Alltagsfragen, Alltagserleben, Lebensprobleme und Lebenserfahrungen außerhalb der Schule prägen die Lernsituationen mit.
   

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000